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> Die Einschmeißgesellschaft, Oder: Kratom und Sally-Die Differenz

User is offline MMX
post Sep 15 2008, 14:50
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Mr. Unbequem / Schlechter Umgang
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Die doch sehr philosophischen Ansätze im Spamthread haben mich dazu gebracht, meine Antwort hier zu verfassen, um die aufkeimende Diskussion hier in einem würdigen Rahmen (und ohne intervenierende Katzen- oder Pimmelbilder) fortzusetzen.

QUOTE
Neben der äußeren Umgebung muss auch innerlich alles im Lot sein, also kein Stress oder ungelöste Probleme aus Arbeits- oder Privatleben.


Krankheit ist der natürliche Zustand des Menschen, oder:
Den problemlosen Menschen gibt es nicht.

QUOTE
ja wie dann?
dann sollte man womöglich am besten nie trippen oder was?
also ich handhab das so:
*dreck und kram in die schränke stopf*
*schranktüren zumach*
*staubmäuse unter den teppich kehr*
*leichen in keller vergrab*
*probleme verdräng*
und
*SALVIA EINFAHR*


Ich denke nicht, dass der Spruch so gemeint war, dass man alle Probleme lösen soll, bevor man trippt. Es geht doch eher darum, dass der Mensch, was seine Stressbelastung betrrifft, in einer Wellenbewegung unterwegs ist. Mal gibt es mehr zu tun, mal weniger, mal liegt eine Prüfung an, mal nicht.
Bei Sally gibt es natürlich einen Twist.
Hat man ein großes Problem und bewegt sich nicht von der Stelle, konnte man bis vor dem Verbot oder kann man noch heute im befreundeten Ausland Sally zu Rate ziehen, um neue Inspirationen (In-Spiration=Ein-Geistung, ein schönes Wort [das mMn den Kern des ganzen jedoch verfehlt]) zu sammeln, geistige Blockaden zu lösen und neue neuronale Wege zu beschreiten, wenn die alten schon ausgelatscht sind.

Kratom ist da anders.
Kratom ist eine Oase, die zum Ausruhen einläd. Probleme sind weit weg, getrennt vom schützenden Gürtel der umgebenden Wüste. Diese Distanz kann Betrachtungen erleichtern, für den ungeübten Geist ist diese Situation jedoch eher eine Verlockung, die Probleme außer acht zu lassen.
We ehrlich zu sich selbst ist, wird merken, dass er unter Kratom gar keinen Bock hat, sich seinen Problemen zu widmen. Warum auch? Es ist weit weg.
Wer dennoch die Selbstdisziplin aufbringt, mein Respekt. Dazu braucht jetzt keiner "Hier, ich, ich kanns!" rufen, weil die Überprüfbarkeit dieser Aussage fraglich ist.
Kratom sollte als Genussinsel eingelegt werden, wenn man die Hauptprobleme, die zur Zeit vorherrschen, gelöst hat.
Sozusagen als Selbstbelohnung.
Manchmal hat man sich diese Oase nämlich verdient.
Wann das ist, sollte jeder selber entscheiden können.

Dummerweise fehlt diese Mündigkeit in der heutigen Gesellschaft. Das kommt größtenteils von zwei äußeren Faktoren.
Einerseits die von mir schon mal angeschnittenem Heilsversprechungen der Werbung.
Der einfache neuronale Befehl "Konsum - führt zu-> dargestelltem Zustand (Leben auf einer Insel [Bier], reiten auf Zauberdrachen [Smarties], sauberer Wäsche [Waschmittel], einfacher Reinigung des Haushaltes [wilde Waschutensilien], große Beliebtheit und damit verbunden eine hohe Auswahl an paarungswilligen Konterparts [Pickelmittel und Deo])" und seine häufige Wiederholung führen dazu, dass wir Konsum schnell als Lösungsansatz für Probleme in Betracht ziehen und diese Einstellung auf nicht beworbene Produkte übertragen.
Ein recht prominentes Beispiel haben wir hier im Forum.

"Was?
Ich werd Vater?
Ähmähmähm *stammel* Erstmal einen barzen!"

Diese Einstellung ist jedoch Selbstbetrug, deswegen will ich sie hier auch nur kurz anschneiden. Jeder, der mit einigermaßen offenen Augen durch die Welt geht, erkennt, dass diese Einstellung keine Lösung ist...die Probleme werden ja nicht gelöst, sondern das sorgenvolle Gefühl lediglich durch das Gefühl des Rausches substituiert. Rausch vorbei - Sorgen wieder da.

Direkt damit verbunden ist das zweite Problem, nämlich die Respektlosigkeit vor der Substanz und die zu keinen Konsumabstände.
Jeder Rausch, von Alkohol und Tabak angefangen bis hin zu Morphinen, hat seine Existenzberechtigung.
Meine Überzeugung jedoch ist es, dass der Mensch als Herrscher seiner Produkte (Flut, Brand, Erdbeben und Sturm zeigen uns, dass wir nicht die Herrscher der Erde sind) unterbewusst in seiner Evolution den verschiedenen Räuschen verschiedene "Instanzen" zugewiesen hat, die erreicht werden müssen, um "dem Rausch würdig" zu sein.
Die "Würdigkeit" zeigt sich einerseits im Erleben des Rausches selber und in der Kontrolle der Substanz.
Erleben des Rausches bedeutet, dass Menschen, die des Rausches nicht würdig sind, im Rausch und danach Handlungen begehen, die in ihren negativen Auswirkungen für das Subjekt das positive Erleben des Rausches überwiegen.
Subjekt X zum Beispiel schmeißt [was auch immer], wird wütend, tobt herum - unwürdig.
Subjekt Y konsumiert [was auch immer], erlebt einen schönen, lockeren Abend mit Freunden - würdig.
Das Bemessen der Würdigkeit obliegt aber nicht dem Beobachter, sondern nur dem Konsumenten selber - vorsicht also mit Urteilen wie "Er ist unwürdig", es kann immer nur "Ich bin unwürdig" heissen.
Die Kontrolle der Substanz besteht in den ehrlichen Abfragen:

Kann ich den Konsum auch bei Verfügbarkeit des Stoffes solange unterbinden, bis ich nicht mehr bewusst und focussiert an das Rauscherleben denke?

Wird der Wunsch nach Wiederholung des Rausches stärker oder schwächer, je länger er zurückliegt?

Suche ich einen Ersatzrausch oder komme ich auch ohne Rausch zu gutem Erleben?

Wenn eine der Antworten eher rauschaffin ist, sollte der Konsument an sich arbeiten. Und das heisst wirklich arbeiten.

Wir alle sind Produkte der Einschmeissgesellschaft, da nehme ich mich nicht aus. Ich selber schlucke von Zeit zu Zeit Schlankheitspillen und Blutverdünner für meine grauen Zellen.
Wir Menschen stehen in starken Konflikten zwischen den Anforderungen der Gesellschaft und unseren natürlichen Bedürfnissen.
Beides hat seine Berechtigung, die Gesellschaft als Metaorganismus hat ein Recht auf funktionale Zellen, der Mensch als Mensch hat ein recht darauf, auf seine Ziele hinzuarbeiten.
Einschmeißmittelchen können helfen.
Sie helfen uns einerseits, den Anforderungen der Gesellschaft (Sei stark! Sei schlank! Sei erholt, um zu arbeiten! Sei klug!) zu entsprechen, sie helfen uns andererseits, unsere eigenen Ziele zu erreichen.
Ab und zu lohnt es sich aber, innezuhalten und sich (im klaren Kopf) zu fragen:
Halte ich das Gleichgewicht?
Balanciere ich zwischen meinen Zielen und den Zielen der Gesellschaft?
Oder tendiere ich ungesund zu einer Seite?
Will ich zu sehr schlank, klug und leistungsfähig sein?
Oder verweigere ich der Gesellschaft durch beständiges Einschmeißen meine Partizipation?

Das Kunststück ist, mit oder ohne Einschmeißmittelchen das Gleichgewicht zu halten.
Danke fürs Lesen.


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12 einfache Tips für Kratom-Anfänger


Dieser Post fällt unter "Freie Meinungsäußerung" und erhebt keinerlei Anspruch auf Richtigkeit, Übereinstimmung mit geltendem Recht oder sonstige Relevanz.
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post Sep 15 2008, 15:25
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Salvianaut
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Ein ansehnlicher Beitrag, MMX.
Wir Leben in der Tat in einer Gesellschaft, die uns mit Anforderungen überhäuft, die uns Moral erzwingt, unsere Ziele in einen Rahmen stellt und die Grundregeln für die Erreichung dieser exakt definiert.
Es herrscht Druck, überall. Sozialer Druck, Zeitdruck, Leistungsdruck, individueller Druck. Man hört öfter ein Bitte als ein Danke, erwartet mehr als man zu geben bereit/ imstande ist. Neben der zu bewältigenden Arbeit entwickelt sich eine unbändige Sehnsucht nach dem Ausgleich - nach Erholung, Entspannung, Spaß und Freude.

Doch was beschert uns Spaß und Freude? Wir können in den Urlaub fliegen, ihn uns allerdings nicht allzu oft leisten. Wir können "Glücklichmacher" einnehmen, aber schnell in die Versuchung kommen, öfter glücklich sein zu wollen. Wir können uns verlieben, Partnerschaften aufbauen, Partnerschaften, wechseln, Partnerschaften kündigen; wir können uns all-abendlich vor den Fernseher setzen und uns sanft beriesen lassen. Doch in jedem Ausgleich wohnt ein Potential, das uns zur Sucht verführt.
Nur wenige Menschen gestehen ein, dass Liebe und insbesondere Sexualität, das größte Suchtsammelsurium unserer Gesellschaft ist. Beinahe jeder ist süchtig, und - bis auf wenige Ausnahmen - ist jeder mehr oder weniger Konsument dieser Sucht.
Aber die Süchte tummeln sich überall. Wie viele Menschen sind abhängig von Sex und können nichtmals wenige Tage ohne? Wie viele Personen setzen sich abends vor den Fernseher, weil sie kein anderes Leben kennen? Welche Zahl ist bereits internetsüchtig und wie viele Essen, um den Tagesausgleich zu erhalten? Auch Partys, Geselligkeit, Gemeinschaftstreffen sind eine Sucht, der wir uns schwer entziehen können.
Nur um die scheinbare Harmlosigkeit dieser "Süchte" zu demonstrieren:
- Es gibt viele Sexualtäter die Opfer ihrer Sucht werden und neben ihrem eigenen Leben mitunter das Leben unschuldiger Menschen zerstören.
- Es gibt unzählige fernsehsüchtige Personen, die in einer Scheinwelt aus Film und Serie ihre Erfüllung finden und das eigene Leben - bedingt durch soziale Vernachlässigung - verlernen und verlieren.
- Es gibt zahlreiche Internetsüchtige, die den virtuellen Raum mehr nutzen, als ihr direktes Umfeld.
- Fettsucht ist ein immenses Problem; - sowohl privat, als auch gesellschaftlich.
- Wer dauerhaft in der Gesellschaft lebt, verliert die Fähigkeit, Einsamkeit ertragen zu können. Und Einsamkeit ist meines Erachtens eine Grundbedingung zur individuellen Entwicklung.

Anhand dieses Beispiels will ich nur veranschaulichen, wie viele (natürliche) Süchte es gibt und - um den Kontext wieder herzustellen - wie schnell auch diese Süchte ausarten.
Drogensucht ist genauso vorhanden wie Fettsucht, Internetsucht oder Sexsucht. Und unter den Konsumenten gibt es ebenso eine Vielzahl die sinnvoll damit umgehen kann, wie Personen, die sich einfach etwas Einschmeißen.
Drogen bieten nur einen denkbar einfachen Weg, seine Sucht zu entwickeln und auszubauen; doch im Grunde genommen wohnt in ihnen nicht mehr Gefahrenpotential als in allem anderen auch. Doch verbietet man hingegen ein 24-stündiges Fernsehprogramm? Oder geht man gegen die Pornographie vor? Nein, aber gegen Drogen.

Meiner Meinung nach sollte der Staat vielmehr darüber nachdenken, wer letztlich konsumiert und durch welche Süchte ein Jugendlicher schon gegangen ist, um mit den Drogen verantwortungslos umzugehen. Denn wer alles an sich zieht und in Unmengen bekommt, der wird auch vor einem verantwortungslosen Umgang mit Drogen nicht Halt machen.

---

Zum Thema: Ordnung im Leben, dann erst Drogen.
In der Hinsicht teile ich selbstverständlich die Meinung von MMX. Man sollte seinen Geist auch ohne Substanzen kontrollieren lernen und Drogen vielmehr als Erholung und zum Erkenntnisgewinn gebrauchen.
Dabei sind die Fragen eine gute Hilfe, die MMX aufschrieb.

Der Beitrag wurde bearbeitet von Siddhartha am Sep 15 2008, 15:31 Uhr.


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Ich stimme dir in Grenzen zu, allerdings bewertest du die Gesellschaft negativer als ich.
Natürlich hat auch die Gesellschaft ein Anrecht darauf, dass wir unseren Teil beitragen, immerhin gibt uns die Gesellschaft Anerkennung und verschiedene materielle Sicherungssysteme zurück.
Das derzeit herrschende gesellschaftliche Klima hat seinen Ursprung nicht in der Gesellschaft selbst, sondern in den Individualisierungstendenzen der einzelnen Gesellschaftsmitglieder.
Vielfach wollen Menschen "sich selbst verwirklichen", und zwar möglichst schnell, andere Menschen werden hierbei nicht als Partner mit dem selben Ziel, sondern als Vehikel gesehen.

Und dennoch hat die Gesellschaft berechtigte Anforderungen an den einzelnen, die Basisanforderung ist jedoch:
Gestalte und Erhalte mich!
So wie ich dich gestalte und erhalte!

Menschen, die sich dieser Anforderung entziehen wollen, bekommen schnell mehr als ein Problem. Denn: Sie verkümmern.
Aber: Ein Mensch kann den gesellschaftlichen Anforderungen nur Nachkommen, wenn die Gesellschaft ihre Grenzen kennt. Kein Mensch ist nur sozial, ja, Einsamkeit ist auch ein echtes Bedürfnis.
Wie ich schon sagte:
Wir müssen das Gleichgewicht wahren, auch gegen Widerstände.


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12 einfache Tips für Kratom-Anfänger


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post Sep 16 2008, 11:10
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QUOTE
Das derzeit herrschende gesellschaftliche Klima hat seinen Ursprung nicht in der Gesellschaft selbst, sondern in den Individualisierungstendenzen der einzelnen Gesellschaftsmitglieder.
Vielfach wollen Menschen "sich selbst verwirklichen", und zwar möglichst schnell, andere Menschen werden hierbei nicht als Partner mit dem selben Ziel, sondern als Vehikel gesehen.


Du meinst demzufolge, dass unsere Gesellschaft mehr von der Individualität der Einzelnen geprägt wurde, als von den Zielen der Oberen?
Das Streben nach Selbstverwirklichung ist sowohl ein Urinstinkt des Menschen als auch eine Grundvoraussetzung menschlicher Entwicklung. Doch irgendwann schufen die Menschen Strukturen und Ordnungen; sie sahen sich der Vielzahl ihrer Triebe nicht gewachsen und oblegten eine fiktive Gesellschaft, die, in unzählige Strukturen gegliedert, dem persönlichen Wohl.
Es zählte im Laufe der Zeit mehr das allgemeine Wohl und Ergehen, als das individuelle. Man versuchte, eine Gesellschaft zu bauen und zu erhalten, die den direkten Konkurrenzkampf gegenüber der anderen Gesellschaften standhält und gewinnt - doch wie viel Wert hatte dort das einzelne, als Schraube drehende Element namens Individuum?
Wir Leben mehr denn je in einer utilitaristischen Gesellschaft, in der jeder Teil funktionieren muss, um das Gesamtgerüst am Leben zu erhalten. Aus moralischer Bedenklichkeit versorgen wir zuletzt auch die, welche weniger bis nichts leisten können.
Wo ist in diesem System noch Platz für eine Selbstverwirklichung des Einzelnem? Wird nicht propagiert, dass der Einzelne sich erfüllt wird, wenn er den Ordnungen der Gesellschaft gehorcht? Wie viele Personen sehen im Geld ihre individuelle Erfüllung? Und wie könnte man anders, als durch seine Arbeit, erfüllt werden, wenn du jede notwendige Zeit fehlt?
Was ist für dich Selbsterfüllung, MMX? Und wie weit entfernt sich deine Vorstellung vom Gesellschaftszug?

QUOTE
Und dennoch hat die Gesellschaft berechtigte Anforderungen an den einzelnen, die Basisanforderung ist jedoch:
Gestalte und Erhalte mich!
So wie ich dich gestalte und erhalte!


Auch diese Gestaltung und Erhaltung ist nur Mittel zum Zweck. Die Gesellschaft ist eine Scheininstitution, die Ordnungen vermittelt und deren Einhaltung erzwingt. Der Einzelne muss funktionieren und beisteuern - ansonsten wird er langsam aber sicher aus dem Staat verwiesen. Aber sehr viel Freiheit bleibt da nicht, denn alleine die zeitliche Vereinnahmung ist immens.
Den Ausgleich erhalten wir lediglich durch tausend kleine Vergnügungen, die uns unsere Langeweile aus den schlaffen Geistern zerren.

QUOTE
Wir müssen das Gleichgewicht wahren, auch gegen Widerstände.


Das Gleichgewicht ist darin allerdings das Problem! Wie viele Menschen schaffen es, ihre Leidenschaft zu erfüllen? Wie viele Autoren sind in der Welt versunken, weil ihnen keine finanziellen Mittel zu Verfügung standen? Wie viele private Musiker hätten gerne ihr Lebenswerk vollendet, scheiterten aber an den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen?
Wir stehen auf der Waagschale, verlangen auf jeden Schmerz ein Glücksgefühl, suchen nach jeder Anstrengung die Erholung und wünschen uns stets gerecht behandelt zu werden. Läuft etwas aus dem Lot und sammeln sich Unglücksgefühle, so kommen wir schnell in die Versuchung, in Leidenschaft nach dem Ausgleich zu suchen. Sehr einfach an dieser Stelle sind Drogen: Kratom, Tramadol, Codein, usw. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den Schmerz zu überwinden und auszugleichen; doch eben dort schlägt die Sucht ins Leben.
Nur, um auf meine Kernaussage aus dem letzten Artikel zurückzukommen: Drogensucht ist bei weitem nicht die einzige Sucht.
Die meisten Menschen können mit Drogen gut umgehen, weil sie seit Anbeginn ihrer Zeit eine starke Persönlichkeit besitzen. Nur wenige rutschen ab und die wenigsten unter Ihnen knallen in das Loch der Entpersönlichung.
Fernsehsucht ist auch sehr beliebt. Doch nur die wenigsten, die Fernseh schauen, werden süchtig. Und nur ein kleiner Bruchteil derer erleidet den Konsequenzen dieser Sucht.
Uns ziehen tausend Süchte durch die Gesellschaft und die meisten deren befinden sich in den Vergnügungen, die wir uns zum Ausgleich suchen.
Selbsterfüllung und Selbstverwirklichung ist oft nur noch ein sekundäres Wunschdenken; einfache Träume, wie die Reise ins Ausland, werden dem gleichgesetzt. Selbsterhaltung, das wurde zur Priorität berufen.


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post Sep 16 2008, 14:24
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[quote=Siddhartha,Sep 16 2008, 11:09]Du meinst demzufolge, dass unsere Gesellschaft mehr von der Individualität der Einzelnen geprägt wurde, als von den Zielen der Oberen?
[/quote]

Oh ja, absolut! Sieh die 68er (deren Vorstellungen, Ziele und vor allem auch Methoden ich nicht unbedingt teile), welche ein Phänomen waren, das "den Oberen" sicherlich nicht gefallen hat.
Ich glaube nicht daran, dass ein so komplexes System wie Gesellschaft von irgendwem außer ihren Partizipienten gesteuert werden kann.

[quote]Das Streben nach Selbstverwirklichung ist sowohl ein Urinstinkt des Menschen als auch eine Grundvoraussetzung menschlicher Entwicklung. Doch irgendwann schufen die Menschen Strukturen und Ordnungen; sie sahen sich der Vielzahl ihrer Triebe nicht gewachsen und oblegten eine fiktive Gesellschaft, die, in unzählige Strukturen gegliedert, dem persönlichen Wohl.
[/quote]

Naja, das geschah auch nicht von jetzt auf gleich. Erst mit dem Sesshaftwerden (sehr lesenswert: Klick ) veränderten sich die Strukturen. Gesellschaft als solche ist auch nicht fiktiv, sondern eher virtuell - sie ist ja da und in den verschiedenen Beziehungen der Menschen zueinander messbar.

[quote]Es zählte im Laufe der Zeit mehr das allgemeine Wohl und Ergehen, als das individuelle. Man versuchte, eine Gesellschaft zu bauen und zu erhalten, die den direkten Konkurrenzkampf gegenüber der anderen Gesellschaften standhält und gewinnt - doch wie viel Wert hatte dort das einzelne, als Schraube drehende Element namens Individuum?
[/quote]

Jedenfalls früher weniger als heute. Mit der Einführung der Demokratie und dem allgemeinen Wahlrecht hat jeder, egal, ob Bauer oder Industrieller, prinzipiell gleiches Mitspracherecht.
Nur kann sich der Industrielle es eher leisten, die Rahmensetzer zum Essen einzuladen.



[quote]Wir Leben mehr denn je in einer utilitaristischen Gesellschaft, in der jeder Teil funktionieren muss, um das Gesamtgerüst am Leben zu erhalten. Aus moralischer Bedenklichkeit versorgen wir zuletzt auch die, welche weniger bis nichts leisten können.
[/quote]

Die Geschichte zeigt, dass wir uns hüten sollten, die Menschen in Klassen wie "erhaltenswert" und "nicht erhaltenswert" einzuteilen. Ich denke, das Erhalten jener, welche nicht partizipieren können, ist weniger "moralischer Bedenklichkeit" als simpler Empathie geschuldet.

[quote]Wo ist in diesem System noch Platz für eine Selbstverwirklichung des Einzelnem?  Wird nicht propagiert, dass der Einzelne sich erfüllt wird, wenn er den Ordnungen der Gesellschaft gehorcht? 
[/quote]

Nein, nicht zwingend. Immerhin hat jeder die Wahl. Man kann voll in der Gesellschaft aufgehen oder die Partizipation aufgeben, und die gesamte Bandbreite dazwischen.
Es ist ja nun so, das Gesellschaft da entsteht, wo 2 Menschen zusammen sind. Man weist sich gegenseitig Rollen zu. So entsteht schnell ein lebensfähiges System. Menschen machen Gesellschaft, es liegt in ihrer Natur und sie können nicht anders.

[quote]Wie viele Personen sehen im Geld ihre individuelle Erfüllung?
[/quote]

Dass das eine Misskonzeption ist, erkennt auch ein Blinder. Aber: Geld kann glücklich machen (in Ermangelung der nächsten "Psychologie heute": Klick)

[quote]Und wie könnte man anders, als durch seine Arbeit, erfüllt werden, wenn du jede notwendige Zeit fehlt?[/quote]

Die Zeit fehlt nicht. Die bleibt immer gleich. Die Kunst ist es, seine Zeit einzuteilen. Natürlich gibt es heute Leute, die 2 oder mehr Jobs haben, um überleben zu können. Das kann so nicht sein, aber Gesellschaft will verändert werden, denn Leben ist Veränderung.

[quote]Was ist für dich Selbsterfüllung, MMX?  Und wie weit entfernt sich deine Vorstellung vom Gesellschaftszug?[/quote]

Selbsterfüllung? Ein hehres Ziel. Ich denke, ob diese erreicht ist, kann erst auf dem Sterbebett resümmiert werden. Dazwischen gibt es nur Ziele. Ich denke, wenn man die Schönheit der Einsamkeit und die selbe Schönheit, die in einem anderen Menschen verborgen liegt, erkannt hat, ist man auf dem Weg der Selbstverwirklichung einen Schritt weiter.



[quote]Auch diese Gestaltung und Erhaltung ist nur Mittel zum Zweck. Die Gesellschaft ist eine Scheininstitution, die Ordnungen vermittelt und deren Einhaltung erzwingt.[/quote]
Sorry, aber leider falsch. Gesellschaft ist menschlich, die Gruppe bildet sofort nach ihrer Findungsphase Gesellschaftsstrukturen heraus, die sich in Rollen auszeichnen. Es ist einfach in der Natur des nackten Affen: Er sucht den Affen, der es schafft, oben auf dem Stein zu sitzen und sucht seinen Platz auf dem Stein.
[quote]Der Einzelne muss funktionieren und beisteuern - ansonsten wird er langsam aber sicher aus dem Staat verwiesen.[/quote]
Vorsicht! Staat ist nicht Gesellschaft! Gesellschaft ist immer, Staat ist nur eine Art der Corsage, die sich die Gesellschaft sicht, um sich von anderen abzugrenzen. Meinst du, die Indianer im Amazonas sind Brasilianer? Eher nicht, sie sind die Mpfehti, die gleich auf Kriegszug gegen die Maganga ziehen. Gesellschaft live.

[quote]Aber sehr viel Freiheit bleibt da nicht, denn alleine die zeitliche Vereinnahmung ist immens.
Den Ausgleich erhalten wir lediglich durch tausend kleine Vergnügungen, die uns unsere Langeweile aus den schlaffen Geistern zerren.[/quote]

Und diese kann man annehmen oder sich ihnen verweigern.

[quote]Die meisten Menschen können mit Drogen gut umgehen, weil sie seit Anbeginn ihrer Zeit eine starke Persönlichkeit besitzen. Nur wenige rutschen ab und die wenigsten unter Ihnen knallen in das Loch der Entpersönlichung.
[/quote]

So gern ich diese Ansicht teilen würde, aber der Mensch ist prinzipiell schwach und dumm. Er sieht sich nicht gerne so, ja. Aber es bedarf einigem an Erziehung, um ihm vor allem seine unbeherrschte Obrigkeitshörigkeit auszutreiben.

Der Mensch strebt nach em Ausgleich, und ich stimme dir zu, wenn du statuierst, dass die Gesellschaft zur Zeit etwas aus dem Ruder läuft.
Aber kann man da resignieren?
Nein! Du musst deinen Platz einnehmen, dich hinstellen und sagen: "So, Leute, Schluss! Jetzt ändern wir was!"
Resignation führt zu Stillstand, Stillstand führt zum Tod, Tod führt zu Fäulnis.
Fäulnis stinkt und ist braun.


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Aktuelles Datum: 31st May 2024 - 04:24
  
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